Montag, 7. Mai 2007

Die ersten Tage

Wir wissen es seit knapp 2 Jahren. Und seit diesem Tag ist es für mich fast täglich so, dass ich ihn ansehe und daran denken muss, das dieser Knirps eigentlich nur knappe 15 cm scharf sieht - alles was weiter weg ist, ist extrem unscharf. Und selbst mit Brille ist sein Umfeld auf etwa 8 m eingeschränkt.
Zugegeben; seit er die Brille hat - anfangs waren es bei festgestellten 7,5 Dioptrien ersteinmal 5 Dioptrien (zur Eingewöhnung) - ist er wie ein anderes Kind. Man merkte sofort, dass er sich wesentlich sicherer in seiner Umgebung fühlte, da er plötzlich ein - für seine Verhältnisse - enorm vergrössertes Aktionsfeld hatte. Tollen, spielen, Roller fahren, laufen, Ball spielen...all diese Sachen waren vorher eigentlich Nebensächlichkeiten, die ihn nicht wirklich sehr interessiert hatten.

Wir hatten ihn wochenlang davor darauf vorbreitet, ihm erzählt das er da was bekommt, mit dem er besser sieht und dadurch auch viel mehr machen kann. Keinen Schimmer, ob das ein 3-jähriges Kind versteht - war uns auch egal. Ziel war es, ihn von vornherein dazu zu bringen, die Brille aufzusetzen und es als Verbesserung anzusehen. Er kannte es bis dahin ja nicht anders.

Seine Welt war eine kleine, unscharfe und vorsichtige Welt mit Geräuschen aus dem Nirgendwo. Ich habe einmal versucht, mich annähernd in seine Lage zu versetzen und bin zu einem Optiker gegangen um mir seine Sehstärke zu geben. Ich bekam also vom Optiker eine Test-Brille mit 7,5 Dioptrien. Jedoch nicht in "minus" - also Kurzsichtigkeit -, sondern in "plus". Da ich ja "Normalsichtig" bin - also eine getestete Sehleistung von etwas mehr als 120% (ja, sowas gibt es!) habe, ist die Umkehrbrille mit Plus-Gläsern quasi eine Reise in seine Welt. Wahnsinn! Ich sah nahezu nichts mehr. Die unmittelbare Umgebung konnte ich - wie bereits Eingangs beschrieben - bis etwa 15cm wahrnehmen, alles was weiter weg war wurde sozusagen "unsichtbar" weil je weiter weg, desto unschärfer. Mich hat es bildlich gesprochen auf den Arsch gesetzt. Bis dahin konnte ich mir nicht vorstellen, wie seine Welt aussah...seitdem sehe ich seine Welt mit anderen Augen.

Sein erster Tag mit der neuen Brille war Wahnsinn. Klar, er hatte etwas auf seiner Nase, das er nicht kannte und spielte deshalb ersteinmal damit herum. Durch die wochenlange "Vorbereitung" darauf und die Tatsache, dass er sich die Brillenfassung (aus 3 vorausgewählten) selbst auswählen durfte, haben dazu beigetragen, dass er sich schon auf seine Brille gefreut hatte. Was soll ich sagen? Brille auf, losgelaufen, Brille nicht mehr runtergenommen. Genial. Es hatte gewirkt...

With eyes wide open

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